In Warnemünde sind ein Eisbrecher, eine Straße und ein Park nach ihm benannt. Aber wer war denn dieser Stephan Jantzen eigentlich…?

… das frage ich mich seit geraumer Zeit. In Warnemünde treffe ich schließlich überall auf ihn. Da wäre der Eisbrecher (außer Dienst), der nach diesem Mann benannt wurde. Auch ein kleiner Park trägt seinen Namen – und nicht zu vergessen: die Stephan-Jantzen-Straße.

Hm, was hat dieser Typ denn bloß angestellt, um eine lokale zu werden?! Eh ich mich das noch länger frage, habe ich mich einfach mal auf den Weg in diesen kleinen Park gemacht, um nachzuforschen. Er liegt an der Hauptstraße und ist eigentlich ein alter Friedhof mit vielen Gräbern von Kapitänen und Seemännern. Und welches Grab unter diesen war wohl das größte und auffälligste? Das von Familie Jantzen natürlich. Dass Stephan ein Seemann war, wusste ich nun. Genauere Kenntnisse gewann ich dann im allwissenden Internet.

Kennt ihr das Gefühl, wenn man etwas liest und sich währenddessen denkt: „Da zieh ich mal meinen Hut“? So ging es mir. Dieser Mann hat so einiges auf sich genommen, um Leben zu retten und ist es wert, dass er auch jetzt noch geehrt wird. Meine Rechercheergebnisse teile ich daher hier mit euch. Sie sind von Wikipedia, dort findet ihr auch noch weiterführende Links. Viel Spaß beim Lesen – und vielleicht lockt euch ja beim nächsten Warnemünde-Besuch der Park für einen kleinen Spaziergang!

Nach seiner Konfirmation ging Stephan Jantzen im Alter von 14 Jahren zur See und musterte auf der Rostocker Galeasse „Argo“ als Schiffsjunge an. Bald schon wurde Jantzen zunächst Leichtmatrose, später dann Vollmatrose, und nach sechs Jahren legte er die Prüfung zum Steuermann auf großer Fahrt ab. In den folgenden sieben Jahren fuhr er auf drei verschiedenen Rostocker Schiffen als Erster Steuermann. Bereits zu dieser Zeit erwarb sich Jantzen den Ruf der Unerschrockenheit und Kühnheit. So ist überliefert, dass er während einer Fahrt nach New York über Wochen als einziges Besatzungsmitglied dem an Schwarzen Pocken erkrankten Kapitän Hilfe leistete, trotz des Widerstandes der übrigen Besatzung, deren Stimmung hart an der Grenze zur Meuterei lag. 1854 heiratete Stephan Jantzen die Warnemünderin Marie Susemihl, 1856 erhielt er das Patent zum Schiffer auf großer Fahrt und wurde im gleichen Jahr Kapitän der 38-Meter-Bark „Johannes Keppler“; dieses Schiff hatte Jantzen persönlich beim Rostocker Schiffbaumeister Heinrich Rickmann in Auftrag gegeben; weiterer Geldgeber war der Rostocker Reeder Ernst Brockelmann. Jantzen hatte auch Anteile an diesem Schiff, mit dem er in der Zeit von Dezember 1856 bis 1866 insgesamt zweimal die Erde umsegelte, meistens begleitet von seiner Frau und seinem erstgeborenen Sohn Magnus. Der zweite Sohn Varelius wurde auf einer der Reisen an Bord geboren.

Im Juni 1863 kam Stephan Jantzen mit seiner Bark an der Küste Nordamerikas in die Nähe eines portugiesischen Schiffes, das nach einer Kollision mit einem anderen Schiff zu sinken drohte. Zusammen mit seiner Besatzung gelang es Jantzen, die 14-köpfige Mannschaft zu retten.

Zur damaligen Zeit war es oftmals üblich, dass die Lotsenkommandeure gleichzeitig auch die Aufgabe der Vormänner der lokalen Seenotrettungsstationen der ein Jahr zuvor 1865 gegründeten Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) übernahmen. So fanden viele Rettungseinsätze der Station Warnemünde unter der Leitung Stephan Jantzens statt. Viele dieser Einsätze zeigten erneut die Tapferkeit und Selbstlosigkeit dieses Mannes.

Beispielhaft hier die Rekonstruktion eines Rettungseinsatzes vom 16. Dezember 1873 anhand von schriftlichen Aufzeichnungen:

Gegen 20 Uhr traf beim Lotsenkommandeur Jantzen ein Telegramm ein: ein kleines Fahrzeug war gestrandet und zeigte Notsignale. Sofort ließ Stephan Jantzen Rettungsboot und Raketenapparat bereit machen, jedoch dauerte es bis 22.30 Uhr, bevor die notwendigen Pferde vorhanden waren, da die meisten Besitzer das Wetter fürchteten. Gegen halb 11 Uhr abends konnten die Wagen ihre Fahrt über die verschlammten Wege starten und kamen nach über drei Stunden in der Nähe des Unglücksortes an; in Doberan musste ein Stadttor wegen der zu großen Abmessungen der Wagen verbreitert werden.

Die Bedingungen waren derart schlecht, dass die Besatzung sich trotz Stephan Jantzens Flehen weigerte, das Boot zu besteigen; man wollte bis Tagesanbruch warten.

Am nächsten Morgen waren etwa 175 Meter vom Land entfernt zwei am Mast ihres gesunkenen Schiffes festgebundene Personen zu erkennen, die ständig von Sturzseen überspült wurden. Da der Sturm inzwischen noch stärker geworden war, weigerte sich die Mannschaft weiterhin, das Rettungsboot zu besteigen, und so versuchte Jantzen, mit dem Raketenapparat eine Leinenverbindung zu dem Wrack herzustellen. Da keine der fünf abgefeuerten Raketen das Ziel erreicht, schickte Jantzen seinen Sohn zurück nach Warnemünde, um dort neue Raketen zu holen. Während dessen wurde nun doch der Versuch gemacht, die Unglücksstelle mit dem Rettungsboot zu erreichen. Dies scheiterte jedoch trotz vielmaliger Anläufe.

Bei einem fünften Versuch in der Abenddämmerung wurden Ruder und Pinne bei einer Grundberührung so stark nach oben gestoßen, dass Stephan Jantzen eine schwere Kopfverletzung erlitt. Trotz einer kurzzeitigen Bewusstlosigkeit gelang es ihm, das Boot an den Havaristen heranzubringen. Einer der Schiffbrüchigen konnte in das Rettungsboot aufgenommen werden, der andere fiel zunächst ins Wasser, konnte dann aber auch ins Boot gezogen werden. 30 Meter vor dem Strand wurden drei Lotsen durch einen gewaltigen Brecher aus dem Boot geworfen, sie konnten jedoch wieder ins Boot gezogen werden. Dabei zog sich Jantzen eine schwere Verletzung einer Hand zu und wurde später bei einer weiteren schweren Grundberührung fast selbst aus dem Boot geworfen. Als er am späten Abend des 17. Dezember 1873 in Warnemünde eintraf, war er so erschöpft, dass er aus dem Wagen gehoben werden musste. Für die Rettung der beiden dänischen Seeleute erhielt er später vom dänischen König die „Goldene Medaille für Edeltat“.

Ihr seht also – es sind viele Gründe, ihn in Ehren zu halten! Und das tun wir in Warnemünde!

Liebe Grüße

Eure Susi

Fotos: InterDomizil/Schüßler

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